Du sollst gesund leben: Krankenkassen bezuschussen Apple-Watch

Es ist ein großer Schritt in Richtung der Vernetzung aller Lebensbereiche: Die Techniker Krankenkasse (TK) bezuschusst in Zukunft voraussichtlich den Erwerb von so genannten Fitness-Trackern, wozu auch die Apple-Watch zählt. 250 Euro kann sich der Käufer von der Techniker Krankenkasse erstatten lassen, wenn er etwas für seine Gesundheit tut und dies entsprechend nachweist. Die AOK Nordost war hierin schon vorangegangen und hatte angekündigt alle zwei Jahre 50 Euro Zuschuss pro Patient zu gewähren, sofern diese in einen Fitness-Tracker investiert werden.

Caspar Tobias Schlenk hat für die Gründerszene die Details zusammengefasst. Der Zuschuss der TK ist Teil eines neuen Bonusprogramms, das gerade aufgesetzt wird. Das Programm sollte nach ursprünglicher Planung bereits am 1. August starten, derzeit werde es allerdings noch vom Bundesversicherungsamt geprüft. Eine Entscheidung über das Bonusprogramm, so Schlenk, solle in Kürze fallen. Auf diese Weise Einfluss auf die Gesundheit der Krankenkassen-Mitglieder nehmen zu wollen, wird „Nudging“ genannt. Die Bürger sollen damit sanft in eine Richtung „gestupst“ werden. Diese Form der Einflussnahme ist umstritten, wenngleich der Staats- und Verwaltungsrechtler Gunnar Folge Schuppert auf dem Verfassungsblog darlegt, dass „Nudging“ keinesfalls als neues Phänomen zu bewerten sei. In einer Liste aus den 1980er Jahren, die „regulative Instrumente“ versammelt, finden sich schon Maßnahmen, die heute als „Nudging“ bezeichnet werden würden. Längst wird Einfluss auf unterschiedliche Weise genommen – und in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben.

Problematisch bei Gesundheits-Apps und Fitness-Trackern ist vor allem der Datenschutz. Derzeit könne niemand wissen, wozu die Daten, die durch einen Fitness-Tracker erhoben werden, einmal genutzt werden. Frank Nicolai fragt im Humanistischen Pressedienst, ob in Zukunft der Versuch, eine Lebensversicherung abzuschließen, scheitern muss, weil durch Daten, die ein Fitness-Tracker erhoben hat, ein erhöhtes Sterberisiko errechnet wurde. Die großen Sportartikel-Hersteller, Adidas und Nike, so Nikolai, haben jedenfalls gerade erst viel Geld investiert, um im Datengeschäft mitmischen zu können. Es ist längst ein großer Markt, der weiter wächst.

In einer Buchbesprechung hat Thomas Brasch auf seinem Blog das Problem, das durch die Erhebung der Daten entsteht, ebenfalls beleuchtet. Die Frage, die Brasch aufwirft, lautet: Wann wird aus solchen freiwilligen Angeboten der Krankenkassen eine Pflicht für denjenigen, der sich versichern lassen will. Noch ist es eine Selbstkontrolle, die durch die Fitness-Tracker und Gesundheitsapps angeboten wird, doch es könne dazu kommen, das die, die sich dieser Selbstkontrolle entziehen, gesellschaftlich suspekt werden.

Und bereits im Oktober letzten Jahres wies Brasch darauf hin, wie dringlich es sei, die Grund- und Persönlichkeitsrechte neu zu fassen und effektiv zu schützen. Er leitet aus seiner Lektüre von Yvonne Hofstetters Buch „Sie wissen alles“ verschiedene Forderungen ab, darunter auch diejenige, dass es verboten sein müsste, bei Pflichtverträgen, worunter auch die Krankenversicherung fällt, vergünstigte Angebote aufgrund von Datenüberwachung zu machen.

Big Data“ ist längst ein großes Geschäft, aber die Auswirkungen der mathematischen Algorithmen, die Vorhersagen über unser Leben treffen, sind in vielen Fällen nur zu erahnen. Der Vorstoß der Krankenkassen lässt jedenfalls eine Diskussion entstehen, die dringend geführt werden muss.