Fußballweltmeisterschaft: Alles rosarot?
Ein furioser Sieg. Die deutsche Nationalmannschaft besiegt Portugal 4:0. Im Vorfeld wurde viel kritisiert und die deutschen Aussichten, eine gute WM zu spielen, klein geredet. Außer Klose sei kein richtiger Stürmer dabei, Schweinsteiger nicht in Topform, Khedira war lange verletzt und hat kaum Spielpraxis, Özil zu lethargisch, die Vorbereitung war problematisch, in Südamerika gewinnen sowieso Südamerikaner, jedenfalls nicht die Deutschen, die Hitze nicht gewöhnt seien. Und nun so ein souveräner Auftakt und so ein Thomas Müller. Ist nun alles rosarot?
Die gesamte Stimmung scheint jedenfalls schon seit ein paar Tagen deutlich zu kippen. Bis die Weltmeisterschaft begann, waren die Proteste in Brasilien ein heißes Thema. Nun, seit die Vorrunde läuft, hat sich die Aufmerksamkeit deutlich verschoben. Brasilien hat gesiegt, Deutschland hat gesiegt: Wer interessiert sich hier noch für politische Nebenschauplätze?
Aus sportlicher Sicht gab es bereits einige bemerkenswerte, sogar herausragende Spiele. Niederlande gegen Spanien und Italien gegen England: Das klingt nicht nach einer langweiligen Vorrunde, nach einer WM, die nur langsam in Fahrt kommt. Vor allem das Spiel der Niederländer gegen Spanien wird vielen in Erinnerung bleiben – ganz gleich, welcher Mannschaft man die Daumen drückte.
Auf spielverlagerung lässt sich noch einmal nachvollziehen, wie van Gaal die Mannschaft taktisch einstellte, um den Spaniern das Leben schwer zu machen. In der defensiven Ausrichtung konnte gerade zu Anfang ein ungewöhnliches 5-0-5 ausgemacht werden. Das bewegte sich, so die Analyse, zwischen Kompaktheit und Harakiri. Doch die ungewöhnliche Maßnahme ging gut – so gut, dass den Spaniern im gesamten Spiel bloß drei Pässe in den Strafraum hinein glückten.
Und gestern der Sieg der deutschen Mannschaft. Eindrücke vom Drumherum im Stadion hat der Experte für brasilianischen Fußball, Martin Curi, festgehalten. Er schreibt von bester Stimmung und von vielleicht etwas zu betrunkenen Fans der deutschen Mannschaft. Volle Straßen sind zu sehen, viele Nationalfarben und Angela Merkel in der VIP-Loge.
Die Stimmung ist bestens. Swaran Sandhu analysiert die Weltmeisterschaft aus Sicht der Werbung. Dass die WM ein mediales und auch ein kommerzielles Großereignis ist: das ist bekannt und dürfte kaum überraschen. Aber der Blick darauf, wie nun eben gute Stimmung erzeugt wird, ein „Wir-Gefühl“, ist bedeutsam. Natürlich, die Sponsoren haben ein großes Interesse daran, dass die WM ein gutes Gefühl erzeugt, positive Emotionen weckt. Vor diesem Hintergrund ist es eben für die Sponsoren auch problematisch, wie die FIFA agiert, die gerade mit Korruptionsfällen beschäftigt ist. Die WM soll den Zuschauern Freude machen – dann funktioniert die Werbung.
Max Ost freut sich vor allem über die Vorrunde. Da sei eben alles gut. Genau dieses Gefühl, die Unbeschwertheit feiert Ost. Schon wenn die Achtelfinals beginnen, ist die Leichtigkeit sowieso vorbei. Jetzt sei es, wie der Beginn der Sommerferien zur Schulzeit, wenn alles noch vor einem liegt.
Alles rosarot also? Sicher nicht, aber immerhin, wie Sandhu Blatter zitiert: „die großartigste Show der Welt“ hat begonnen!