Das Sieben-zu-Eins: Einblicke aus Brasilien und Ausblick auf die letzten Spiele

„Für die Ewigkeit“ oder zumindest „für die Geschichtsbücher“ war dieser Sieg der deutschen Nationalmannschaft. Die Seleção, ohne Neymar und ohne ihren Kapitän Thiago Silva: bitter geschlagen. Nun stehen die beiden letzten Spiele an, das Spiel um Platz drei, worauf die Stars, wie zu vernehmen ist, kaum Lust verspüren. Und das Finale, in dem Deutschland wieder einmal auf Argentinien trifft.

Zunächst noch einmal der Rückblick: Trainer Baade hat zahlreiche Rekorde, die das Spiel Deutschland gegen Brasilien sprengte, zusammengetragen. Er nennt das Spiel eine Singularität; etwas, das eben einmalig ist, weil es gegen jede Wahrscheinlichkeit spricht. Wie Trainer Baade anführt, konnten deutsche Nationalmannschaften bislang bei Weltmeisterschaften nicht einmal ein einziges Tor gegen Brasilien erzielen. Das Sieben-zu-Eins war vollkommen unwahrscheinlich.

In Brasilien waren viele Menschen nach dem Spiel geradezu geschockt. Auf Brafus2014 sind Bilder von einem Fanfest in Tijuca zu sehen. Die Fotos zeigen erst noch erwartungsvolle Gesichter, dann ein Staunen. Ein Fan hat sich die Sonnenbrille auf die Stirn gerückt und den Mund leicht geöffnet. Doch überall sind auch ungläubig lachende Brasilianer, und schließlich ist da ein tanzendes Pärchen. Entsetzen ist zu sehen, aber wenig Wut.

Vor allem in Sao Paulo herrschte nach dem Debakel der brasilianischen Mannschaft zeitweilig Chaos. Busse brannten und gewaltbereite Brasilianer raubten Läden aus. Von Ausschreitungen berichtet auch Martin Curi, der das Halbfinale vor Ort auf seinem Blog in Bildern festgehalten hat. Gewalt war sichtbar, doch sie entlud sich, soweit Curi gesehen hat, nicht gegen die deutschen Fans.

Auf einem Blog des Kölner Stadtanzeigers blickt Michael Krämer nun nach vorne: Auf den wichtigsten Arbeitstag seines Lebens, im berühmten Maracana-Stadion. Nun, so hält er fest, hoffe Brasilien nur noch, dass nicht die argentinische Mannschaft den Sieg im Finale davonträgt. Da Brasilien das wichtigste Ziel, den Weltmeistertitel, nicht mehr erreichen könne, hoffe man nun, dass das zweitwichtigste Ziel erreicht werden kann: Argentinien darf keinesfalls Weltmeister werden.

Das ist die sportliche Sicht. Auf Brafus2014 finden sich Geschichten, die einen Blick auf andere Orte, auf Nebenschauplätze, werfen. Luiz Eduardo do E. Santo, ein Touristenführer in Ouro Preto, eine Stadt, deren alter Kern von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt wurde, spricht über die Erwartungen, die mit der Weltmeisterschaft in seinem Land verbunden waren. Luiz hoffte darauf, dass die Versprechen der brasilianischen Regierung zutreffen würden. Die WM sollte Besucher aus aller Welt bringen – und zwar nicht nur solche, die vor allem die Spiele sehen wollen, sondern Touristen, die sich für das Land, für die brasilianische Geschichte interessieren. Das Gegenteil, so weiß er nun, ist der Fall: Der Kulturtourismus, auf den er angewiesen ist, litt. Die Geschäfte brachen durch die Weltmeisterschaft ein. Die Weltmeisterschaft hat vielen Brasilianern gar nichts gebracht – mit der Niederlage ihrer Nationalmannschaft tritt das nun wieder in den Vodergrund.

Die ganze Welt blickt in diesen Tagen nach Brasilien, aber, so scheint es, sie sieht oft gar nicht richtig hin.