Nur Spielerei? Die Computerspielemesse „Gamescom“ in Köln

Am Sonntag, den 17. August, ging die Messe für digitale Spiele „Gamescom“ in Köln zu Ende. Mehr als 300.000 Besucher wurden gezählt und etwa 6.000 Journalisten. Die „Gamescom“ ist ein gigantisches Event. Allein durch die Größe ist die Messe ein wirtschaftlicher Faktor für Köln und wird entsprechend von der Politik ernstgenommen. Die „Gamescom“ bietet aber nicht nur Spielerinnen und Spielern Ausblicke auf die neuesten Produkte der Spieleindustrie, sie beansprucht selbst ein gesellschaftliches Gewicht: Auf Diskussionsveranstaltungen sprachen die Teilnehmer zum Beispiel über die Bedeutung der Spiele und des Spielens für die Wirtschaft und über Jugendmedienschutz und Medienkompetenz.

Dieses Thema begleitet die Computerspielszene permanent: Wo sind die Grenzen des angemessenen (Computer-)Spielens? Oder wo sollten die Grenzen vernünftigerweise liegen? Was geschieht mit Jugendlichen, die exzessiv spielen? Der Rügenbote hat einige Zahlen zusammengefasst, die das Ausmaß des digitalen Spielens und der Mediennutzung deutlich machen. In Deutschland nutzen etwa 150.000 Jugendliche exzessiv digitale Spiele. Von einer exzessiven Nutzung wird gesprochen, wenn die Jugendlichen sich gedanklich ständig mit den Spielen beschäftigen oder beispielsweise nervös und gereizt sind, sobald sie nicht online sein können. Darüber muss natürlich diskutiert und gestritten werden. Doch die Schlagzeilen haben andere Themen der „Gamescom“ beherrscht.

Die Spieleindustrie sei ein „Katalysator“ für neue Technologien, so wurde es von den Veranstaltern hervorgehoben und dann immer wieder aufgegriffen. So ist es auch im Wirtschaftsfenster zu lesen. Die Spieleindustrie ist also nicht bloß selbst ein enormer Wirtschaftsbereich, der weiter wächst, sondern darüber hinaus ein wichtiger Faktor für andere Branchen. Die Spielebranche präge in großem Maße den „digitalen Wandel“ und müsse deshalb als Dialogpartner von der Politik einbezogen werden. Zahlreiche technische Innovationen gehen von der Spielebranche aus, die Digitalisierung bekommt von hier starke Impulse, sodass die Politik hier, wo die Digitalisierung vorangetrieben wird, das Gespräch suchen sollte.

Noch weiter geht Roman Rackwitz, den Gunnar Sohn interviewt hat. Rackwitz hat die Firma Engaginlab gegründet, die Unternehmen bei der „Gamification“ berät. Das bedeutet, die Potenziale des Spielens sollen für Unternehmen genutzt werden. Beispielsweise zeige sich in Computerspielen, wer die Fähigkeiten mitbringe, Menschen zu führen. Wenn sich diese Fähigkeiten bei einer Person in einem Netzwerkspiel zeigen, folgert Rackwitz, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Person auch in einem Unternehmen für Führungsaufgaben gut geeignet sei.

Doch die „Gamification“ ist weiter gedacht: Die Arbeitsumgebung solle motivierend sein wie ein Computerspiel. Hier gelte es zu lernen, wie Mitarbeiter motiviert werden können, am Unternehmenserfolg mitzuarbeiten. Computerspiele, so viel ist klar, haben diese Form der Motivierung perfektioniert. Die Vorbehalte gegenüber dieser Form, die Unternehmensstrukturen zu verändern, sind allerdings in Deutschland sehr groß. Gunnar Sohn bemängelt in diesem Zusammenhang, dass Spielen hierzulande zu schnell abgetan werde, beispielsweise an den Universitäten kaum dazu geforscht würde.

Für Viele, die zur „Gamescom“ fahren, ist diese Messe jedenfalls längst selbst ein bedeutendes „Event“ geworden, wie auf lesting zu lesen ist. Die Spielemesse habe es geschafft, nicht nur die Spiele zu vermarkten, sondern das Event selbst ist in den Mittelpunkt gerückt. Es sei mit einem Freizeitpark vergleichbar – und für viele Besucherinnen und Besucher der Höhepunkt der Sommerferien.

Im Feuilleton kommen Computerspiele gewöhnlich nicht vor, in der Wissenschaft werden sie kaum behandelt, allein die Problemfälle der exzessiven Nutzung geraten in den gesellschaftlichen Blick: Die Bedeutung, die Spiele mittlerweile für eine breite Gesellschaftsschicht haben, wird – gewollt oder ungewollt – marginalisiert. Das allerdings könnte sich – jenseits des wirtschaftlichen Gewichts – als kurzsichtig erweisen.