Der Karneval und die Politik: Braunschweig ohne Karnevalsumzug
In Köln, Mainz, Düsseldorf und vielen anderen Städten fanden am Rosenmontag die Karnevalsumzüge statt, in Braunschweig wurde der Umzug, der für den Sonntag geplant gewesen war, dagegen gestrichen. Nur wenige Stunden bevor der Umzug beginnen sollte, sagte der Bürgermeister aus Braunschweig die Feierlichkeiten ab. Ein Informant aus der islamistischen Szene hatte davor gewarnt, dass direkt auf dem Marktplatz am Sonntag ein Anschlag durchgeführt werden sollte. Bisher sind allerdings keine Festnahmen erfolgt. Das wirft Fragen auf: War die Absage tatsächlich notwendig? Wie groß war die Bedrohung?
Die Politik spielt bei manchen Karnevalsumzügen in Deutschland eine bedeutende Rolle, bei denen die Wagen teilweise Politiker karikieren oder aktuelle politische Themen aufgreifen. In Braunschweig, wo nach eigenen Angaben der größte Karnevalsumzug Norddeutschlands stattfindet, greift nun offenbar die Politik in die Feier hinein. „Schoduvel“ wird der Umzug in Braunschweig genannt und das bedeutet, so ist auf der Internetseite des Braunschweiger Karnevals zu lesen: „Keine Angst vor der Zukunft! Wir lassen uns nicht einschüchtern!“
Regierte nun doch die Angst? Auf dem Blog TEMPUSCULUM ist zu lesen, dass man nun wisse, dass der islamistische Terror auch Deutschland bedrohe. Diese Bedrohung sei nicht länger abstrakt, sondern greifbar. Das dürfe allerdings nicht dazu führen, dass man in Angst verfalle. Denn damit hätten wir viel zu verlieren, wenn die Angst regierte.
Der Terror zerstöre den Spaß, so Rainer Bonhorst, und das auch wäre eine Folge einer umsichgreifenden Angst. Er denkt auf der Achse des Guten darüber nach, ob der islamistische Terror für einen Humorverzicht sorge. Der Karnevalsumzug in Braunschweig wurde abgesagt, das Attentat auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ gehört in diesen Zusammenhang, und in Köln wurde ja ein Wagen abgelehnt, der dieses Attentat thematisierte. Sei das die Islamisierung, so fragt Bonhorst, wenn Lachen gefährlich werde?
Auf BubblesBlog heißt es zu der Bedrohungslage lapidar, dass nun jeder Bürger in die Lage versetzt werde, einen Umzug abzusagen, der ihm nicht passe. Ähnliche Diskussionen wurden ja nach dem Verbot einer PEGIDA-Demonstration in Dresden geführt. Inwieweit müssen die Behörden reagieren, wenn mutmaßlich eine Bedrohung vorliegt? Geht die Sicherheit in jedem Fall vor? Die Terroristen hätten uns, so ist auf BubblesBlog zu lesen, damit ohne einen einzigen Angriff besiegt.
Dem widerspricht der Braunschweiger Pastor Friedhelm Meiners: Die Terroristen hätten nicht gewonnen. Es sei wichtig, nicht zu kuschen, sich nicht den Mund verbieten zu lassen, gleichwohl findet er die Absage des Umzugs verständlich, denn „uns“ seien Menschenleben das wichtigste. Nun dürfe man nicht resignieren, sondern – im Gegenteil – sich den Humor nicht nehmen lassen. Auch weist er darauf hin, wie zufällig der mutmaßlich geplante Anschlag in Braunschweig sei: Vom Braunschweiger Umzug waren keine politischen Wagen, die den Islam lächerlich machten, bekannt gewesen. Das Argument, man brauche sich ja nicht wundern, wenn man sich auf eine bestimmte Weise über den Islam äußere, sei vollkommen falsch.
Laura G. schreibt auf dem Blog Laut gegen Nazis über die Reaktionen, die nach der Absage des Umzugs zu hören waren. Viele Äußerungen hätten sie geradezu erschrocken. Sie fürchtet, dass sich nun islamophobe und ausländerfeindliche Ansichten immer weiter verbreiten. Der Karneval sollte doch bunt sein und gerade zeigen, dass man gemeinsam zusammenleben könne, nun wurde durch viele Kommentare ein gegenteiliges Bild erzeugt: Ein Bild der Angst und der Ablehnung.
In vielen anderen Städten wurde der Karneval gefeiert. Die stets medienwirksamen Umzüge in Mainz, Köln und Düsseldorf fanden wie geplant statt. Der Braunschweiger Karneval dagegen wird zu einem Sinnbild für unseren Umgang mit der Bedrohung durch den Terrorismus.