Die Oscars: Viermal „Birdman“ und eine Diskussion über Rassismus in den USA
Die Oscar-Nacht, die in Deutschland von einer Bildstörung unterbrochen wurde, zeigte wieder den ganzen „Glamour“ Hollywoods: Luxuriöse Kleider, gerührte Gewinnerinnen und Gewinner, Lady Gaga mit Putzhandschuhen und den Film „Birdman“ als Abräumer. Gleich vier Oscars gingen an die Hollywood-Satire, darunter die wichtigen Auszeichnungen für den besten Film und für die beste Regie. Als beste Hauptdarstellerin wurde Julianne Moore in „Still Alice“ ausgezeichnet, als bester Hauptdarsteller Eddie Redmayne in „Die Entdeckung der Unendlichkeit“.
Dass der Film „Birdman“ gleich vier Oscars erhielt, freut Lukas Gedziorowski. Er schreibt, damit werde in diesem Jahr nicht nur die „gute Absicht“ ausgezeichnet, sondern die Kunst. Der Vorwurf, sie ehre vor allem eine bestimmte Form politisch korrekter Filme und keineswegs die spannendsten, gelungensten, mitreißendsten Filme, wird der Oscar Academy ja immer wieder gemacht. Mit „Birdman“ allerdings sei nun ein Film ausgezeichnet worden, der tatsächlich als Film vollends überzeugen konnte. Neben den Auszeichnungen für den besten Film und die beste Regie gingen auch die Oscars für das beste Original-Drehbuch und die beste Kamera an „Birdman“.
Marc hatte auf seinem Blog Verwickeltes die Oscars für den besten Hauptdarsteller und die beste Hauptdarstellerin bereits vorausgeahnt. Nach seinen Überlegungen stehen die Chancen besonders gut, wenn die Schauspieler kranke, behinderte oder psychotische Figuren darstellen. Er listet all die Gewinner auf, die in dieses Schema passen, bis zu den Anfängen der Oscar-Verleihung. Der Eindruck, dass eine bestimmte Anlage der Figuren und eine bestimmte politische Korrektheit besonders günstig sind, um bei den Oscars berücksichtigt zu werden, ist geradezu zwingend.
Diese politische Korrektheit erstreckt sich jedoch nicht auf schwarze Schauspielerinnen und Schauspieler. Denn die Oscars „sind weiß“. Neil Patrick Harris, der Moderator der Show, hatte dies ironisch auf den Punkt gebracht, als er sagte, „Tonight we honour Hollywood’s best and whitest. Sorry best and brightest“ (etwa: „Heute Nacht ehren wir von Hollywood die besten und weißesten. Entschuldigung, die besten und hellsten“). Elena Sheppard zeigt auf Quartz anhand einiger Statistiken, wie bisher die weiblichen Hauptrollen beschaffen sein mussten, damit am Ende tatsächlich der Oscar heraussprang. Besonders, so resümiert Sheppard, wenn die Hauptdarstellerinnen Ehefrauen darstellten, stünden die Chancen gut – weiße Ehefrauen. Lupita Nyongʼo, die im letzten Jahr als beste Nebendarstellerin für den Film „12 Years A Slave“ ausgezeichnet wurde, gilt als eine der sehr wenigen Ausnahmen von dieser Regel. Sheppard findet diese Auswahl nicht weiter überraschend, es sei ja längst bekannt, dass die Gesellschaft der Oscar Academy überwiegend männlich und weiß sei und dass deshalb bestimmte Filme immer wieder in den Fokus rückten.
Dem stimmt Renata di Grigorio zu. Sie sieht zudem die Auszeichnung für Lupita Nyongʼo im letzten Jahr aus einer anderen Perspektive. Hattie McDaniel war die erste schwarze Frau, die jemals für einen Oscar nominiert wurde – das war im Jahr 1940 für den Film „Vom Winde verweht“ – und ihn schließlich auch gewann. Sie spielte dort eine „Haussklavin“. 2014, als Nyongʼo gewann, war es ebenfalls ein Film, der Schwarze als Sklaven zeigte. Die Rollen, die schwarze Schauspieler bekämen, seien allzu oft stereotyp, wie zum Beispiel der beste Freund des Protagonisten, und wenn Schwarze die Hauptrolle spielen, wird daraus in der Wahrnehmung noch immer ein „schwarzer Film“.
Ähnlich gelagert sieht Iza Larize das Problem. Sie schreibt, Afro-Amerikaner seien die anderen Amerikaner, eben nicht bloß Amerikaner. Hollywood hätte 2014 einen Schritt in Richtung Gleichheit gemacht und sei nun einen Schritt rückwärtsgegangen. Der Traum von Hollywood, so Larize, sei zurzeit der Traum weißer Männer. Und davor will Larize nicht die Augen verschließen, auch wenn die Oscars in den meisten Fällen gar nicht die besten Filme auszeichneten, sondern vielmehr die beliebtesten Stars ehrten. Die Oscars folgen dem Geld, nicht der Kunst. Das allerdings lässt diesen latenten Rassismus noch deutlicher hervortreten.