Streit um die Literatur: Der Bachmann-Preis 2014

Der Bachmann-Preis, der jedes Jahr in Klagenfurt verliehen wird, ist im deutschsprachigen Raum eine besondere Veranstaltung. Dass Autoren in einem Wettbewerb gegeneinander antreten, kennt man mittlerweile von den vielen „Poetry Slams“. Doch in Klagenfurt herrscht ein sehr hoher Anspruch. Nicht allein die Performance entscheidet, sondern der gelesene Text soll auch als „echte“ Literatur überzeugen. Eine Jury kürt die verschiedenen Preisträger, daneben wird noch ein Publikumspreis verliehen.

Besonders im literarischen Bereich ist zudem die Diskussion der Jurymitglieder, die vor dem Publikum stattfindet. Die Jury konnte sich in diesem Jahr nur schwer einigen – und die Diskussion ging in den Blogs weiter. Welches waren die besten Texte? Welche Form der Literatur ist preiswürdig?

Den Bachmann-Preis hat, nicht unumstritten, Tex Rubinowitz gewonnen. Buzzaldrin bemerkt in ihrer Zusammenfassung, dass sie dessen Text als Literatur nicht überzeugen konnte. Rubinowitzʼ Vortrag bestach zwar durch seinen Witz, allerdings sollte das nicht ausschlaggebend sein, zumal Texte vorgetragen wurden, die einem höheren literarischen Anspruch gerecht werden konnten.

Auf Der Lampiongarten dagegen wurde Rubinowitz zu einem der Favoriten gekürt. Sein Humor, sein Zynismus, die treffende Umgangssprache werden hervorgehoben. Den Text „Wir waren niemals hier“ trug Rubinowitz schnell, geradezu hastig vor, er inszenierte sich so – fast eine Masche – als intellektueller Außenseiter. Damit zählte Rubinowitzʼ Text zu den vier besten, die auf dem Lampiongarten ausgewählt wurden. Insgesamt, so das Fazit, waren viele der vorgetragenen Texte schwach, das gesamte Niveau nicht allzu hoch. Viele Texte seien entweder zu gesucht literarisch, überladen mit Bedeutungen, oder sie drifteten in die Befindlichkeitsprosa, also den Kitsch, ab.

Bei den meisten, die über den Bachmann-Preis berichten, ist der Text von Michael Fehr hängengeblieben, ein schweizerischer Autor, der seinen Text mithilfe eines Kopfhörers vortrug. Da er eine sehr starke Sehschwäche hat, sprach Fehr den auf diese Weise gehörten Text laut nach. Die ungewöhnliche Form der Lesung erlaubte es ihm, mit ganzem Körpereinsatz zu lesen, wie auf literaturen hervorgehoben wird. Nicht allein der Vortrag sei bemerkenswert, der Text „Simeliberg“ stiftete zudem Verwirrung, da er teilweise in Versform verfasst ist, zudem keine chronologische Handlung darstellt, sondern aus scheinbar zusammengewürfelten Auszügen besteht. Auch die Gattung war für die Jury nicht leicht zu bestimmen: Ein Märchen? Ein Schweizer Krimi? Der Text gab Rätsel auf.

Auch auf literaturundfeuilleton wird unter anderem Fehrs Text hervorgehoben. Die Literatur werde bei ihm wieder mündlich, erinnere damit an ihren Ursprung, doch anders als viele Texte aus Poetry-Slam-Szene verzichte „Simeliberg“ nicht auf Literarizität. „Simeliberg“ stellte allerdings eine Ausnahme dar, denn viele der gelesenen Texte, seien 2014 nicht besonders stark gewesen. Fehr gewann am Ende den mit 10.000 Euro dotierten Kelag-Preis.

Am Ende bleiben die Frage und die Diskussion darüber, was einen guten Text ausmacht. Selbstverständlich: Der Text, der es allen recht macht, ist nicht zu haben. Aber die Fragen stehen im Raum, wie „schwer“ muss Literatur sein, um als „echte“ Literatur gelten zu können? Und wie „schwer“ darf sie keinesfalls werden, um nicht ins pure Gewollte abzukippen. Welche Rolle spielt dabei der Ton? Auf literaturundfeuilleton sind jeweils einzelne kurze Zitate aus den Diskussionen um die Lesungen herausgehoben. Eines davon: „Dort, wo es nicht zusammengeht, springt eine Poetisierung ein.“ Ein herber Schlag, der den Streit um die Literatur auf den Punkt bringt. Wie soll Literatur klingen? Und andersherum: Wenn sie „klingt“, welche Rolle spielt dann noch das, was offenbar nicht zusammengeht?

Was von dem Bachmannwettbewerb 2014 bleibt, werden die nächsten Jahre zeigen. Einige der Autorinnen und Autoren werden sicherlich mit neuen Erzählungen oder Romanen hervortreten – und sich dann erneut der Kritik aussetzen müssen.